27.04.2013 Brief an die Fan-Gemeinde

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Franz, 7. DAN

Liebe Fan-Gemeinde,

gestern, am Samstag, 27.4.2013, durfte ich endlich – nach jahrelangen Vorbereitungen – die Prüfung zum 7. DAN ablegen.

Die Prüfung lief gut und ich bin den Zuschauern, sowie den zuschauenden Selbst-Prüflingen, sehr dankbar. Ich fühlte mich in Eurer Mitte getragen, spürte Eure positive Erwartung, Euer Mitfiebern, Euren Segen.

Geradezu ein Erholungsbad war der nicht enden wollende stehende Applaus und die begeisterten Rufe, die leuchtenden Augen, die anschließenden herzlichen Glückwünsche und Lobesworte.

Da war es dann gar nicht mehr schlimm, dass ich mich in der Härte der Naturstein-Gartentrittplatten verschätzt hatte und den Bruchtest wiederholen musste. Auch bei den großen Ziegelsteinen – die größten, die ich im Baumarkt bekam – hatte ich offenbar extrem stabile Teile gekauft und war genötigt ein zweites Mal zuzuschlagen, damit auch der zweite Stein brach.

Meister Ko, der Prüfer, sah meine Leistungen mit gütigen Augen an, wie ich aus den Bewertungen lesen konnte. Oder sollte ich wirklich so gut gewesen sein? Nun, ich selbst war mit mir und meiner Leistung nicht so zufrieden. Die Bruchtests, welche nicht sogleich gelangen… Hatte ich in der einen Poomse nicht gepatzt oder war zumindest mal unsicher… Jedenfalls sparte der Headmaster aller 9. DANe, Meister Ko, nicht mit Lob, nannte die Leistung „Weltklasse“ und gratulierte mir in seiner Begeisterung mehrfach. Das lief mir natürlich runter wie Öl.

Anschließend, beim Essen, erklärte Meister Ko, dass es weltweit inzwischen schon einige 7. DAN-Träger gebe, aber es seien große Unterschiede. Sie alle hätten zwar die Prüfung bestanden, doch könne man diese gerade noch so bestehen, oder so, dass Kukkiwon und der Weltverband (WTF) stolz auf einen solchen 7. DAN sein können. Und so einer sei ich; und wieder gratulierte er mir und dann meinem Vater zu diesem Sohn. Puh! Noch ein paar ordentliche Schluck Öl. Meinte er wirklich mich? Kein Missverständnis? Langsam wurde es mir peinlich.

Wie immer und überall gab es auch hier Leute, die mich vom Höhenflug wieder herunterzuholen wussten. So zum Beispiel eine Dame von der Konkurrenz, die sich unter den Zuschauern befand und mir mit folgenden Worten gratulierte: „Naja, so schlecht war’s doch gar nicht.“ Wenn ich das richtig deute, hätte sie eine noch schlechtere Leistung erwartet.

Meister Ko erläuterte noch in der Halle, dass dies der höchste und somit letzte Schwarzgurt sei, den man in Deutschland, in Europa oder sonst wo auf der Welt außerhalb Koreas erreichen kann. Zum 8. DAN und auch zum allerhöchsten, dem 9. DAN, muss man nach Korea fliegen. Nur dort in der Hauptstadt, in Seol, können diese beiden DAN-Grade noch geprüft werden. Mal sehen, ob ich es noch so weit bringe. Im Moment habe ich erst mal genug. Dennoch sollte ich für alle Fälle schon mal ein Sparbuch einrichten.

Jedenfalls hätte ich im Leben nicht gedacht, es jemals bis zum 7. DAN zu bringen. Als wir, mein Vater und meine beiden Brüder, vor 42 Jahren begannen TAEKWONDO zu trainieren, hatten unsere koreanischen Meister allesamt maximal den 5. DAN. Das war für uns Sappl’s etwas Undenkbares, etwas Unerreichbares, etwas, das man als Ziel nicht einmal in Erwägung zu ziehen wagte. Und nun trage ich nicht „nur“ den 5., sondern sogar schon den 7. schwarzen Gürtel. Ich kann es selbst noch gar nicht fassen.

Hoffentlich hebe ich jetzt nicht wirklich ab, sondern bleibe der, der ich immer war, der einfache Franz.

Euch allen jedenfalls nochmals herzlichsten Dank, auch denen, die mich nun hinterher noch mit Glückwünschen und Gratulationen überhäufen und schon überhäuften (läuft alles runter wie reinstes Öl).

Herzliche Grüße
Franz

P.S: Ach ja… Wenn ihr Schüler für mich wisst, nur immer her damit. Auch als 7. DAN nehme ich gerne Neulinge und kümmere mich persönlich um sie.

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