Womit treffen?

Womit schlagen/treten?

Damit kommen wir zu einem weiteren wichtigen Thema: Warum schlägt man eigentlich mit „harten“ (mit wenig Fleisch ummantelten) Teilen wie Gelenken und Knochen des Körpers auf den Bruchtestgegenstand bzw. im Kampf auf den Körper des Gegners? Warum nimmt man nicht weichere Teile des Körpers wie z. B. die Unterarminnen- oder -oberseite? Abgesehen davon, dass die technische Durchführung hier sehr komplex und blaue Flecken die Folge wären, gibt es auch zwei einfache physikalische Gründe, auf die ich im Nachfolgenden eingehen möchte:

Um beispielsweise mit der Faust ein Brett zu zerstören, bedarf es nicht nur einer bestimmten Bewegungsenergie, es muss natürlich auch eine bestimmte Kraft auf das Brett einwirken. Und diese Kraft muss mindestens so groß sein, dass sie die Kräfte, die das Brett zusammenhalten, zumindest an einer „Sollbruchstelle“ (Stelle geringsten Zusammenhalts in der Nähe der Trefferstelle; dies sind Stellen, an denen sich der Querschnitt des Brettes ändert) übersteigt.
Für die Kraft F, die ein Fauststoß auf ein Brett hervorruft, gilt vereinfacht:

  • F ist die Kraft, die während der Kontaktdauer auf das Brett einwirkt (von engl. Force = Kraft)
  • Δp ist die Änderung des Impulses während der Einwirkdauer der Kraft (leider hat der Impuls – englisch „pulse“ – das gleiche Formelzeichen wie der Druck, was ein wenig verwirrt; außerdem ist diese Impulsänderung in Wirklichkeit im Verlaufe der Kontaktzeit nicht konstant, sie wird hier aber vereinfacht als konstant angenommen)
  • Δt ist die Kontaktdauer mit der Faust (von englisch time)

Wenn man diese Formel nur ein klein wenig versteht, kann man die eingangs aufgeworfenen Fragen leicht beantworten:
Bei gleicher Bewegungsenergie ist die Kontaktdauer Δt unterschiedlich!
Treffen „harte“ Teile des Körpers wie z. B. eine Faust auf das Brett, so ist (bei korrekter Ausführung der Technik) die Kontaktdauer Δt sehr kurz, da kaum Verformung auf Seiten des menschlichen Körpers stattfindet.
Treffen „weichere“ Teile des Körpers wie z. B. die Unterarmunterseite auf das Brett, so ist die Kontaktdauer Δt deutlich größer, weil zunächst eine gewisse Verformung der elastischen Teile wie z. B. der Muskelmasse stattfindet, bevor die Bewegungsenergie vollständig übertragen wird.

Und jetzt die einfache Schlussfolgerung: Wenn die Kontaktdauer Δt sehr kurz ist (wenn also Δt sehr klein ist), wird der Bruch Δp/Δt deutlich größer und damit auch die Kraft F, die auf das Brett einwirkt.
Also kann bei gleicher Bewegungsenergie eine größere Kraft erzielt werden!
Und diese größere Kraft genügt eher, um das Brett zu zerschlagen.

Der Vollständigkeit halber erwähne ich hier noch den zweiten Grund, warum das Brett beim Schlagen mit der Faust eher zerbricht als beim Schlagen mit weicheren Teilen des Körpers. Dieser zweite Grund ist eigentlich mit dem ersten untrennbar verbunden, wird im Nachfolgenden jedoch wie getrennt davon betrachtet. Sein Anteil an der Wirklichkeit ist vermutlich deutlich geringer als derjenige des erstgenannten Grundes.

Um es etwas anschaulicher zu machen, vergleichen wir in einem Gedankenexperiment einen Schaumstoffhammer vom Oktoberfest mit einem echten Hammer. Mit beiden soll ein Brett-Bruchtest durchgeführt werden. Beiden führe man die gleiche Bewegungsenergie zu. Die Zerstörungswirkung des echten Hammers ist – selbst wenn die Trefferfläche des Schaumstoffhammers und alle anderen Parameter gleich groß wären – wesentlich größer. Warum? In erster Linie natürlich wegen des oben Gesagten (kürzere Kontaktdauer beim echten Hammer, da dieser kaum deformiert wird). In zweiter Linie gilt folgender Effekt: Weil beim Schaumstoffhammer ein gewisser Teil der Bewegungsenergie nicht in Verformungsenergie für das Bruchtestbrett umgewandelt wird, sondern in Verformungsarbeit des Schaumstoff-Kopfes des Hammers, geht Energie „verloren“, die zum Zerstören des Brettes benötigt worden wäre. Der zweite Effekt besteht also darin, dass bei Schlag mit einem elastischeren Gegenstand ein geringerer Anteil der Bewegungsenergie in Verformungsenergie umgewandelt wird.

Fazit: Mit harten Teilen des Körpers kann die Bewegungsenergie in größerem Maße übertragen werden als mit weichen, da weniger Dämpfung des Schlages erfolgt. Dies gilt jedoch nur in Verbindung mit der richtigen Technik (siehe Masse erhöhen) und der richtigen Körperspannung (siehe Anspannung).

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